Underachievement - Lösungsideen
Hochbegabt aber unmotiviert und schlechte Noten
Unter Underachievement bei Kindern mit Hochbegabung versteht man, dass diese Kinder in der Schule nicht die Leistungen bringen, die man aufgrund des IQ erwarten würde.
Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind die psychischen Auswirkungen des Underachievements.
Psychische Folgen von Underachievement
Wenn Kinder sich permanent unterfordert fühlen schlafen sie innerlich ein. Es ist etwas so, wie wenn Sand ins Getriebe kommt. Selbst dann, wenn Leistung gefordert wird, sind sie nicht mehr in der Lage Gas zu geben. Schließliche halten sie sich selber nicht mehr für klug. Die Lehrkräfte bestärken dieses Denken dann noch mit den entsprechenden Noten. Oder auch so Aussagen wie: „Der kann doch gar nicht hochbegabt sein bei diesen schlechten Noten.“ Die Selbstzweifel nehmen immer weiter zu und das führt zu einer psychischen Abwärtsspirale. Wenn in dieser Situation dann ein weiterer Intelligenztest gemacht wird z.B. weil die Schule das verlangt um die Hochbegabung zu beweisen, dann fällt dieser auch schlechter aus und zeigt nicht mehr die eigentliche Begabung.
In dem Fall hat sich das Underachievement schon verfestigt.
Deutlich wird das an Patricks (Name geändert) Geschichte.
IQ 150 – Höchstbegabt
Patrick wurde in der Grundschule, in der 3. Klasse getestet. IQ von 150 wurde festgestellt. Er übersprang sofort eine Jahrgangsstufe und ging nach der Grundschule aufs Gymnasium. Zunächst fühlte er sich wohl.
Gute Beziehung zu den Lehrkräften
Die Lehrkräfte konnten eine gute Beziehung zu Patrick aufbauen. Beim Lehrerwechsel in der 7. Klasse änderte sich das schlagartig. Die neuen Lehrkräfte wussten zum einen nichts von der Begabung (wurde an der Schule nicht weitergegeben) und zum anderen waren sie auch nicht in der Lage eine gute Beziehung zu Patrick aufzubauen.
Innerer Rückzug
Patrick zog sich innerlich zurück. Der Unterricht zog sich wie Kaugummi in die Länge. Zum Glück fühlte sich Patrick mit seinen Klassenkameraden sehr wohl und er hatte 2 gute Freunde.
Leistungsabfall
Die Noten wurden schlechter und er wurde auch wieder langsamer im schriftlichen Bereich. Aufgrund der sinkenden Noten bekam Patrick einen Nachhilfelehrer (ein cooler Wissenschaftler), der ihn aus seiner Lethargie wieder etwas herausholte. So schaffte er es in die 8. Klasse. Wieder ein Lehrerwechsel und diesmal wurde das Lehrer-Schüler-Verhältnis noch schwieriger. Patrick fand überhaupt keinen Draht mehr zu den Lehrkräften.
Zweifel an der hohen Intelligenz
Und diese schauten nur noch auf die Leistungen und zweifelten den IQ deutlich an. Eine Testwiederholung wurde gefordert. Diesmal erreichte Patrick „nur noch“ einen Wert von 120. Und dann war für die Lehrkräfte klar: Keine Hochbegabung. Der erste Test war wohl falsch. Der braucht halt gerade nur Nachhilfe.
Innere Emigration
Seine Eltern sahen aber auch die psychische Seite und die innere Emigration, die Patrick immer stärker vollzog. Zu diesem Zeitpunkt kamen die Eltern zu mir. Durch meine Beratung nahmen die Eltern Kontakt zu einem anderen Gymnasium auf.
Schulwechsel/Drehtürmodell
Patrick wechselte die Schule. In der neuen Schule wurde er mit einem Drehtürmodell gefördert. Das bedeutet: Patrick nahm in einem Fach am Unterricht in einer höheren Klasse teil. Die Lehrkräfte sprachen Patrick direkt und auf seiner Ebene an und forderten ihn heraus. Sie trauten ihm mehr zu und konnten ihm das auch mitteilen. Langsam fing Patrick wieder an, an seine Begabung zu glauben. Er belegte an der neuen Schule auch 2 Nachmittagskurse. Peu à peu besserten sich seine Noten.
Klasse überspringen
Beim Wechsel in die 9. Klasse hospitierte er für 2 Wochen in der 10. Klasse und übersprang dann schließlich die 9. Klasse. Jetzt war der Sand aus dem Getriebe raus und Patrick konnte Gas geben. In den Hauptfächern hatte er gar keine Mühe und bei den Sprachen hatte er die fehlenden Vokabeln innerhalb von 6 Monaten aufgeholt. Patrick war wieder motiviert und konzentriert bei der Sache. Ein erneuter IQ-Test brachte ein Ergebnis von 145.
Gute Lehrer-Schüler-Beziehung als Basis für gelingende Förderung
Underachievement braucht Förderung im Sinne von Fordern und eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung. Motivierende Ansprache und emotionale Unterstützung von allen Seiten. Patricks Geschichte steht beispielhaft für ein gutes Management aus dem Underachievement heraus. Es braucht ein beherztes Eingreifen und mutige Schritte. Dabei ist es immer wichtig, alle Seiten individuell zu betrachten. Pauschallösungen gibt es nicht. Jedes Kind ist einzigartig und so ist auch jeder Lösungsweg einzigartig.