Angela

Angela – ein bunter Vogel, der sich nie einfangen lies.

Schwarzwald – New York

Hochbegabung findet sich in allen sozialen Schichten. In der Bauernfamilie genauso wie in der Arztfamilie. Manchmal entdeckt und gut gefördert, manchmal unentdeckt und verkannt. Heute möchte ich von einer besonderen Frau erzählen. Hineingeboren in ein kleines Dorf – ausgeflogen in die weite Welt. Das Gefühl des „nicht dazugehörens“ prägte sie – aber dieses Lebensgefühl wurde zum Lebensmotto.

Angela – Schwarzwald – New York und wieder zurück!

1924 kam in einem Schwarzwalddorf ein kleines Mädchen zur Welt. Der Vater war Schuhmachermeister. Er stammte aus dem Dorf. Die Mutter kam von weit her und sprach nur Hochdeutsch. Die Eltern waren stets weltoffen. So wurden auch die Töchter erzogen.

Bücher, Philosophie und Geschichte

Angela verschlang Bücher, belegte Philosophie- und Geschichtskurse an der Volkshochschule und brachte sich selbst das Violinspielen und Sprachen bei.

Raus in die weite Welt

Nach der bedrückenden Nazizeit zog es die junge Frau in die Ferne. Über die Schweiz (wo sie neben der Hotelfachschule Französisch studierte), England (dort studierte sie Sprachen), Texas (als Haushälterin) landete sie schließlich in New York.

Hotelmanagement und Psychologie

Dort bildete sie sich im Hotelmanagement weiter und startete schließlich ein Psychologiestudium. Mit verschiedenen Jobs schlug sie sich durch.

Schließlich landete sie bei einer Hilfsorganisation für junge drogenabhängige und alkoholkranke Menschen.

Dort blieb sie 22 Jahre lang. Sie baute eine interne Schule auf, damit die Jugendlichen die Möglichkeit bekamen im geschützten Rahmen ein Highschool-Diplom zu bekommen.

Angela sprach Englisch, Italienisch, Französisch und Spanisch fließend. Bei einigen weiteren Sprachen reichte es für Smalltalk.

Zuhause im Schwarzwald

Regelmäßig besuchte sie ihre Heimat im Schwarzwald. Nach dem Tod der Eltern pflegte sie intensiven Kontakt mit ihrer Schwester.

Ein bunter Vogel

Angela war ein bunter Vogel. Sie konnte zu allen Themen etwas beitragen und hatte immer neue, ganz eigene Ideen. Bücher liebte sie und konnte sich kaum von einem Buch trennen. Stets blieb sie neugierig und hinterfragte gängige Ansichten und Methoden. Sie ließ sich nicht leicht von ihrer Meinung abbringen. Im Gespräch wechselte sie munter zwischen Deutsch und Englisch hin und her.

Angela war nie bereit für eine Partnerschaft. Ihre persönliche Freiheit war ihr wichtiger.

Arroganz als Schutzschild

Angelas Leben hat mich berührt. Leider habe ich vieles über ihr Leben erst nach ihrem Tod erfahren. Sie war eine hochintelligente Frau, die oft verkannt wurde. Ihre Lebensart sprengte den üblichen Rahmen. Ich erinnere mich noch gut an ihre auffälligen, langen Ohrringe, die sie mit einem gewissen Stolz trug. Ein schillernder bunter Vogel, der anders war. Man wurde nicht leicht warm mit ihr. Eine gewisse Arroganz trug sie wie ein Schutzschild vor sich her. Aber je mehr ich im Nachhinein von ihr erfuhr desto spannender fand ich dieses Leben.

Angela – ein bunter Vogel, der sich nie einfangen lies.